Montag, 23. März 2009

Halbzeit

Hallo Ihr Lieben!
Am heutigen Montag bekomme ich meine achte Bestrahlung und ich bin somit bei der Halbzeit angelangt. Wahnsinn wie schnell die Tage vorbeiziehen. Mittlerweile macht sich sowas wie Routine breit, ich habe mich an die Behandlungsmethoden gewöhnt und bin vom Kopf her gestärkt. Positive Erfahrungen waren nach dem besagten Donnerstag sehr wichtig für mich. Seit meinem schweren Start läuft die Behandlung beinahe ohne Probleme. Die letzten Einheiten dauerten nie länger als 15 Minuten - man spricht mit mir und geht auf meine Ängste ein. Ich merke, dass ich deutlich ruhiger geworden bin und versuche die tägliche Fahrt ins KH als einen gewöhnlichen Termin zu sehen - so als ob ich zum Einkaufen gehe.
Mein heutiger Termin fiel etwas aus dem Rahmen, da zusätzlich zur Bestrahlung, die ersten CT-Kontrollaufnahmen gemacht werden mussten. So kam es, dass die Behandlung ca. 5 Minuten länger dauerte als sonst. Es wurde dazu neben dem Strahlengerät eine Vorrichtung aus 2 Flügeln über meinen Kopf gefahren und einige Aufnahmen vom Halsbereich gemacht, um den Fortschritt der Therapie zu erkennen. Die Flügel schwenken dabei von links und rechts kommend, einige Zentimeter über meinem Kopf zusammen. Sie haben einige leuchtende Dioden auf der Unterseite und machen während der Aufnahmen ne ganze Menge Krach. Im Nachhinein aber ziemlich harmlos. Besprochen werden die Bilder wohl in den kommenden Tagen. Bin sehr auf den Fortschritt gespannt und hoffe natürlich, dass bislang alles mit dem erhofften Erfolg verläuft. Persönlich kann ich aber sagen, dass schon einiges passiert ist seit dem Beginn der Therapie: Chris und ich haben angefangen meinen Halsumfang zu messen. In den letzten Tagen ist dieser um 2,5 cm (!) geschrumpft. Echt Wahnsinn. Trotzdem ist meine Luft- und Speiseröhre beim Betrachten im Spiegel noch um einige Zentimeter nach links verschoben. Wir haben davon einige Aufnehmen gemacht, die ich Euch bald nachliefern werde.
Auch einige Nebenwirkungen haben eingesetzt: V.a. einige Std. nach der Bestrahlung merke ich ein leicht schmerzhaftes Ziehen im rechten Halsbereich. Auch die ersten Schleimhautreaktionen sind beobachtbar: Man hat das Gefühl gelegentlich schlechter zu schmecken und dass man weniger Schleim produziert. Ebenso habe ich eine kleine Entzündung im rechten, hinteren Backenbereich bekommen, die leicht angeschwollen ist. Ich habe deswegen heute schon Kontakt zu einem Arzt aufgenommen, der mir daraufhin empfohlen hat, gegen die Halsschmerzen Salbei-Bonbons zu lutschen und wg. der Schleimhaut eine pflanzliche Tinktur zu benutzen, die ich mir gleich heute Mittag aus der Apotheke besorgt habe. Scheint eine gute Sache zu sein.
Ansonsten verlief es heute aber weitesgehend normal. Man erkennt mittlerweile schon bekannte Gesichter unter den Patienten, die wie ich fast täglich ihren Gang zur Bestrahlung antreten müssen. Die meissten mustern mich schon mit verwunderten, beinahe bemitleidenden Blicken, wenn ich als junger Mann die Behandlungskabine betrete. Ich schätze mich vom Alter her deutlich unter dem Schnitt und habe beinahe das Gefühl aus dem Rahmen zu fallen. Ich denke schon, dass es als ungewöhnlich gilt, in solch jungen Jahren an Krebs zu erkranken. In unserer Gesellschaft gilt Krebs v.a. als eine Krankheit der älteren Generation ; viele verbinden sie mit schlechten Erlebnissen aus ihrem Leben. Ich hörte z.B. eine Dame in einem Gespräch mit einer anderen Patientin sagen, sie denke der Auslöser ihrer Krebskrankheit wäre das Trauma des Krieges gewesen. Vielleicht hat sie Recht - vielleicht kann man aber auch die freie Zeit, die man in der Regel während einer Therapie hat sinnvoll nutzen, indem man sich auf das eigene Leben besinnt und überlegt wo man eigentlich im Leben steht und welche Ziele man im Leben noch erreichen möchte. Ich denke, dass oft der Fehler gemacht wird, dass Leute anfangen in der Vergangenheit zu grübeln, sich überlegen wo die Auslöser der Krankheit liegen, anstatt sich auf die "Chancen" zu konzentrieren, die einem eine solche Krankheit bietet. Ich weiß, dass klingt ein wenig seltsam, aber für mich bedeutet diese Therapie auch ein Loslassen von Altem, ein Loslassen von schlechten Erfahrungen und Einstellungen. Ich möchte in Zukunft einfach versuchen mich auf meine Stärken zu konzentrieren und meine Schwächen auch als solche anzusehen. Das ist mir ehrlich gesagt schon des öfteren schwer gefallen.
Und so bin ich der Meinung, dass man genau diesen Zeitpunkt "des in der Schwebe stehens" nutzen kann, sich über die Wichtigkeit der eigenen Werte und Einstellungen Gedanken zu machen. Mir macht das wirklich eine Menge Spaß und man spürt förmlich wie sich die Wichtigkeit der alltäglichen Dinge die man zum Leben braucht verschiebt. Für mich bedeutet das Ganze also auch eine Art Neuanfang.
So jetzt aber genug philosophiert ;-)
Morgen wird es dann wieder ganz normal weitergehen. Noch 7 Einheiten bis zum Ende. Ich fange schon an die Tage zu zählen. :-)
Falls es etwas neues gibt werde ich Euch natürlich informieren. Bis dato lasst es Euch gut gehen und bis bald mal wieder...
Lg Felix
Ach, bevor ich es vergesse, auf diesem Wege auch noch einmal vielen lieben Dank für die netten Geschenke und Glückwünsche zum Geburtstag. Ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut. Mehr davon dann persönlich. Machts gut

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