Sonntag, 15. März 2009

Erste Schritte

Verzeiht Ihr Lieben, dass Ihr bis am Ende des Wo-endes warten musstet, bis Ihr was von mir hört. Eigentlich kann ich gar nicht sagen wieso ich es noch nicht geschafft habe diesen post zu schreiben.
Letzten Donnerstag war es ja soweit - ich habe meine ersten beiden Bestrahlungen hnter mir. Und es war kein Zuckerschlecken für mich, das möchte ich Euch schon mal vorweg nehmen. Vielleicht war auch das der Grund, warum ich mir noch ein bisschen Zeit lassen wollte, das Ganze erst mal zu verarbeiten. Aber alles der Reihe nach:
Mein Termin für meine erste Therapie war um 9.35 Uhr und ich kam rechtzeitig in Ruit an. Meine Mum hat mich begleitet, worüber ich sehr glücklich war. Die Nervosität ließ sich nur schwer überspielen und so gings mit schwitzigen Händen und einem leicht erhöhten Puls in die Abteilung "Strahlentherapie" des KH Ruit. Man muß sich dort ankommend gar nicht mehr anmelden und kann sich gleich nach Linac A oder B begeben, je nachdem wo man bestrahlt werden soll. Dort angekommen kann man sich einfach hinsetzen und warten bis man aufgerufen wird, da der Gang komplett mit Kameras ausgestattet ist und die Röntgenassistentinnen so schon erkennen können wer bereits anwesend ist - Zeit ist schließlich Geld.
Eine halbe Std. später war es dann soweit. Eine der Assis :-) kam aus einer der Kabinen und machte noch ein Portrait Foto von mir - angeblich nur für die Akten. Dann gings zum Umziehen und schließlich Oberkörper-frei in einen der beiden Behandlungsräume.
Er war ziemlich groß und dunkel, in der Mitte stand das Gerät, drumrum schon 2 Helferinnen die bereits an der Bare auf mich gewartet haben. Hat mich irgendwie an einen OP Saal erinnert, nur dass die grünen Männchen gefehlt haben ;-)
Ich wurde aufgefordert mich auf die Bare zu legen. Was mir recht schnell auffiel war, daß eine gewisse Hektik herrschte. Ich vermisste, dass jemand mit mir sprach, trotzdem folgte ich den kurzen und knappen Anweisungen der Assistentinnen. Es fiel leider kein aufmunternder oder einfühlsamer Satz.
Meinen Kopf sollte ich in die Vorrichtung legen und meine Beine wurden mit einem Rundkissen unterlegt. Kurz darauf wurde der Arm des Röntgengerätes über mein Gesicht platziert und ich wurde elektrisch um ca. einen halben Meter dem Röntgenkopf entgegen gefahren. Einer der Radiologen gesellte sich zu mir und untersuchte nochmals meine Lymphknoten, sagte dabei aber bis auf ein " - ja, so machen wirs ! " nicht viel. Dann kam meine Maske ins Spiel. Sie zogen sie mir über den Kopf und machten sie unter Spannung an der Kopfvorrichtung fest. Leider erkannte ich früh, dass weder der Mund- noch der Augenbereich ausgeschnitten waren. Lediglich ein kleiner ausgeschnittener Bereich der Nase ermöglichte es mir etwas angenehmer zu atmen. Ich wollte aber noch nichts sagen und zunächst abwarten wie das Ganze weiterging. Ich sollte meine Schultern soweit es ging auf der Bare ablegen und eine Streckung im Hals halten, damit der Hals die größtmögliche Fläche freigab. Die Maske "erleichterte" es mir diese Position zu halten, da sie ganau in dieser Haltung angefertigt wurde. Blöderweise liegt sie am Hals so eng an, dass es mir wirklich Probleme machte, normal zu schlucken. (Schließlich haben Männer einen Kehlkopf, der sich nun mal ein bisschen bewegt, wenn man schluckt.) Ich habs auf jeden fall überlebt wie Ihr seht.
Nebenher liefen mehrere Dinge ab. Zunächst wurde ein Scanner angeschmissen und die Helferinnen machten mit einem Edding, ähnlich wie im CT, einige Markierungen auf der Maske. Zusätzlich wurden auf der zu behandelnden rechten Seite einige Streifen Tapeband auf die Maske geklebt, die sich genau auf Augenhöhe befanden und so kam es, dass ich nun auch noch auf der rechten Seite nichts mehr sehen konnte. Alles keine guten Umstände um meine Platzangst zu überwinden. Eigentlich dachte ich, dass diese auch nicht allzu stark ausgeprägt sei, in dieser Extremsituation wurde ich aber leider etwas besseren belehrt. Und so passierte es, dass ich Panik bekam und ich das Gefühl hatte mir würde es den Hals zuschnühren. Ich erwähnte, dass ich schlecht Luft bekam und ob es vl. möglich wäre, dass man die Maske im Mund- und linken Augenbereich doch noch ausschneiden könnte. Die Antworten kamen schon ein wenig genervt: "Muss man sehen, wenn die Markierungen und Einstellungen es am Ende zulassen würden, könne man dies überlegen." Danke - das half mir in dieser Situation wenig. Eine weitere Panikattacke überfiel mich und ich war wirklich kurz davor das Ganze abzubrechen. Ich bekam Herzrasen und einen Schweißausbruch. Kurz darauf ging dann aber die eigentliche Behandlung los und ich schaffte es nochmal mich zu beruhigen.
Nachdem die vorerst letzten Tapes angebracht und die letzten Markierungen gemacht wurden, bekam ich eine altmodische Handklinkel in die Hand gedrückt und mir wurde gesagt, dass ich diese benutzen solle, wenn es gar nicht mehr gehe. Ich gab daraufhin nur einen unverständlichen Laut von mir und hielt mich krampfhaft an der Klingel fest.
Die eigentliche Bestrahlung ist ziemlich unspektakulär: Die Assistentinnen verlassen den Raum, kurz darauf hörte ich wie sich der Strahlenkopf bewegt und einige Geräusche von sich gibt, vergleichbar mit einem einfachen Röntgengerät. Ein Knattern, ein mechanisches Drehen, wieder ein Knattern, usw.
Man spürt wirklich nichts. Erst ca. 2Std. nach der Behandlung erwärmte sich der bestrahlte Bereich etwas und man hat das Gefühl "als ob sich da was tut." Ich hatte dabei das Bild im Kopf wie die bösartigen Zellen erstmals mit den Strahlen konfrontiert werden. Man spürt die "Unruhe" die dabei entsteht.
Nach 4-5 Min. sollte alles vorbei sein - doch leider nicht für mich. Mir wurde gesagt, dass es Probleme mit dem Gerät gebe und dass ich eine kurze Erholungsphase bekomme. Die erste Bestrahlung ging also kmplett schief. Na Super. Was für ein Start. Bis dahin war ca. eine viertel Std. vergangen.
Nachdem mir die Maske abgenommen wurde und ich wieder unbeschwert atmen konnte wurde ich aufgefordert den Raum zu verlassen und mich kurz in die Umkleidekabine zu begeben. Als ich aufstand merkte ich, wie sehr mich diese 15 Min. bereits mitgenommen hatten: Mir sackte der Kreislauf ein und mir wurde extrem schwindlig. Ich musste stehen bleiben und ruhig atmen , um nicht umzukippen. Irgendwie flüchtete ich in die Kabine. Eine der Assistentinnen bemerkte das ich wirklich zu kämpfen hatte und fragte mich wie es mir gehe. Ich erzählte ihr, dass ich Probleme mit der Enge habe und dass die Panik bei mir unterbewußt gesteuert ist. Ich kann also nur gering beeinflussen wie ich reagiere. Sie entgegnete mir, dass Sie das gleiche Problem mit Spinnen habe, wie ungefähr jede zweite Frau ;-) Ich wollte wissen, ob es für die Zukunft die Möglichkeit gebe, evtl. vor der Behandlung Beruhigungsmittel zu bekommen - Sie entgegntete, dass sie dafür erst einen Arzt fragen müsse, da dies zur Ausnahme gehöre. Seltsam oder?
Sie brachte mir daraufhin netterweise eine Flasche Sprudel und so kam ich schnell wieder runter. Zwischendurch hörte ich die Stimmen einiger Techniker, die mit Ärtzten und Assistentinnen versuchten das Gerät wieder zum Laufen zu bringen. Nach weiteren 5 Min. wurde ich wieder in den Raum geführt. Diesmal versuchte ich mich zusammenzureissen und bekam von der eigentlichen Behandlung nur wenig mit. Ich fühlte mich wie in Trance - wahrscheinlich eine Abwehrreaktion meines Körpers, um mir die Strapazen so "angenehm" wie möglich zu machen. Wirklich unglaublich wie der menschliche Körper in Extremsituationen reagiert. Im nachhinein ist es mir fast unmöglich abzuschätzen, wie lange die Prozedur noch gedauert hat. Aber es müsste eine weitere viertel Std. gewesen sein, denn meine Mum sagte mir, dass ich ca. 35 Min. weg war. Für mich eine gefühlte Std.
Nach der Behandlung wollte ich nur noch raus. In den Gängen hatte sich mittlerweile eine ziemliche Anzahl von wartenden Patienten angefunden, die sich laut meiner Mum schon gewundert haben, wieso das heute so lange dauere...kein Wunder haben mich alle angeschaut wie ein Auto, als ich kreidebleich aus der Kabine kam. Ich wollte nur noch raus aus dem KH, an die frische Luft. Ich konnte bis ich draußen ankam kein Wort sagen und meine Mutter spürte, dass es echt heftig für mich gewesen sein muss. Im nachhinein war es das auch. Mein Körper reagierte beinahe wie auf einen Schockzustand, mit Schweißausbrüchen und Kopfschmerzen und Übelkeit. Bei dem Gedanken an die bevorstehenden 3 Wochen wurde mir schlecht und ich hätte nur noch heulen können. In der ersten Std danach wußte ich wirklich nicht wie ich das Ganze überleben sollte. Ich machte mir viele Gedanken darüber und entschied mich dazu, die am Freitag angesetzte Behandlung abzuwarten, bevor ich einen Arzt in meine Problematik einbeziehe. In einem Gespräch mit meiner Mum und meinem Schatz überlegten wir was wir gegen meine Panik machen könnten. Wir überlegten, dass eine der wichtigsten Punkte wirklich das "Kopfkino" sei, bei dem man versuchen muss sich gedanklich in andere Sphären zu beamen. Nicht immer ganz einfach aber mit etwas Übung mit ein wichtiger Punkt, um sich abzulenken. Ausserdem wollte ich versuchen mich mit einem Gegenstand in der Hand abzulenken. Ich wollte es mit einem Ei aus Gummi versuchen, das normalerweise für das Training der Sensibilität der Finger und der Muskulatur in der Ergotherapie eingesetzt wird (danke Schatz :-x).
Nach einer unruhigen Nacht und mit einem sehr unruhigen Gefühl im Bauch ging es dann am Freitag früh wieder in Richtung Ruit.
Die nette Assistentin hatte mir versichert, dass die weiteren Behandlungen kürzer und um einiges stressfreier ablaufen würden. Ihr Wort in Gottes Ohr! Ich konnte ihr noch nicht so recht glauben. Zur Beruhigung nahm ich einige pflanzliche Neurexan Tabletten, die mir in Prüfungssituationen während meines Studiums schon gute Dienste geleistet hatten.
Erstaunlicherweise wurde ich um einiges freundlicher empfangen und man entschuldigte sich bei mir für die Umstände am Vortag - es sei wirklich einiges schief gelaufen - na wenigstens das. Schuld waren wahrscheinlich v.a. die Markierungen und Einstellungen die an der Maske und am Gerät gemacht werden mussten. Zusätzlich noch das Ausfallen des Gerätes, der Druck der wartenden Patienten von außen - es kam einfach einiges zusammen.
Am Freitag sollte das aber zum Glück deutlich stressfreier abzulaufen. Es fielen sogar hier und da ein paar nette Worte :-)
Deutlich ruhiger ging ich in die Behandlung. Mein Kopfkino sollte darin bestehen, dass ich mir unsere Kelleretage im Detail vorstellen wollte und diese ablaufe. Ich weiß es gibt mit Sicherheit schönere Vorstellungen, aber irgendwie kam mir das spontan in den Sinn. Zusätzlich spielte ich mit meinem Ei in der Hand. (NICHT das Ei das Ihr meint ;-) ) Und tatsächlich lief es um einiges angenehmer. Die Behandlungszeit betrug maximal 10 Minuten und man lies mich zwischendrin wissen, wie lange ich es noch auszuhalten habe. Schneller als erwartet und unendlich glücklich durfte ich den Behandlungsraum verlassen.
Mittlerweile habe ich auch schon meine heutige Behandlung hinter mir und ich muss sagen, dass ich wirklich froh bin, wie es jetzt läuft. Ich verbringe mit Warten maximal eine halbe Std. in der Klinik und kann dann schon wieder nach Hause.
Ausserdem haben wir entschlossen, dass ich doch nicht mit dem Taxi fahren werde, sondern immer mit einem vertrauten Gesicht aus der Familie oder dem engen Freundeskreis. Heute hat mich Buddel gefahren, der heute aus Manchester zurückgekommen ist. Vielen Dank nochmal dafür.
Abschließend möchte ich sagen, daß ich jetzt wirklich zuversichtlich in die kommenden Wochen blicke. Der Schreck zum Anfang sass tief, aber vl. war es ja auch ganz gut so diese schlechte Erfahrung am Anfang zu machen, um die jetzigen 10 Min. Behandlungszeit besser schätzen zu wissen. Man sollte einfach wieder versuchen das Positive aus der Situation zu sehen.
Körperlich geht es mir nach der 3. Behandlung hervorragend. Bislang noch keine Anzeichen von Halsschmerzen oder Veränderungen der Mundschleimhaut. Aber das hatte man mir ja auch so zugesagt, dass ich die Nebenwirkungen wohl erst gg. Mitte der zweiten Woche spüren werde.
Wie es mir in den kommenden Tagen ergehen wird, erfahrt Ihr dann die kommenden Tage. Bis dato wünsch ich Euch mal wieder ne jute Woche und viel Erfolg bei dem was Ihr so macht. Lasst es Euch gut gehen...
Lg Felix

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